"Sinnlosigkeit" in der Kunst und Kulturelle Aneignung

 

Da die Sinnhaftigkeit ein ständiges Thema im Verhältnis zwischen Kultur und Gesellschaft darstellt und Kunst häufig zu wenig wertgeschätzt wird:

 

Kunst kann als Symbol für die Freiheit von einer Sinngebundenheit, Zweckmäßigkeit und Schicksalhaftigkeit, einen weniger offensichtlichen Sinn besitzen. Psychische Bedürfnisse sind auch Notwendigkeiten und Freiheit ist ein tiefes menschliches Bedürfnis.

Eine destruktive und scheinbar sinnlose Kunst kann demnach als Akt der Befreiung wahrgenommen werden, (der sich hintergründig in der Erfüllung eines tiefgründigeren Sinnes selbst negiert.)

Die Befreiung selbst ist, wie die Zerstörung von Funktionalität in Form des Todes, ein zwangsläufiger Teil des Lebens. Das gleiche lässt sich über Bindung, Geburt und Verbundenheit sagen, die im Gegensatz an dessen Anfang stehen. Auch der prinzipielle Ausdruck von Emotionen und Gedanken oder eine geistige Entlastung, die sich im Escapismus ausdrückt, sind tiefe subjektive menschliche Bedürfnisse, im Angesicht einer durch Kriege, Katastrophen und Zerfall geprägten Umwelt.

 

Auch das Streben nach Schönheit/Ästhetik erfüllt, ebenso wie dasjenige nach Freiheit, ein Bedürfnis und ist deshalb nicht sinnlos. Eine häufig angestrebte schlichte Zweckmäßigkeit (z.B. im Bauhaus) ist eine Reduktion um einen wesentlichen Aspekt menschlichen Empfindens und damit ein Verlust.

 

Es ist jedenfalls fragwürdig, ob es überhaupt sinnlose Tätigkeiten ohne wirklichen Zweck (unabhängig von einer zusätzlich nötigen ethischen Betrachtung) gibt oder geben kann, selbst wenn sie "nur" den Zweck verfolgen, die Zweckmäßigkeit und Unfreiheit zu widerlegen.

Diese "Sinnlosigkeit" (die auch Spielen zugeschrieben wird) erscheint kapitalistisch bestimmt und damit unterkomplex unter Ausschluss der psychischen Ebene begrenzt. Dabei sind unsere Psyche und Physis verbunden und lassen sich nicht verlustfrei trennen. Burnout ist nicht umsonst eine prägende Krankheit unserer Zeit.

Ebenso erscheint die Reduktion ihres Wertes auf eine mögliche Steigerung der individuellen Produktivität durch eine Steigerung des Wohlbefindens jedoch als unzureichend. Diese Produktivitätssteigerung spiegelt nicht den vollen Wert der Kunst wider, welcher sich auch in der Inspiration und einer Entwicklung neuer Kunst zeigt. So beeinflussen sich Bücher, Lieder, Bilder, Filme und Spiele häufig gegenseitig und sind mit Bräuchen, Sagen und Legenden verknüpft. Eine kulturelle Entwicklung einer Gesellschaft ist ohne die Entwicklung neuer Kunst kaum denkbar und geht immer damit einher. Kunst ist somit untrennbar mit der individuellen und gesellschaftlichen Identitätsentwicklung verbunden.

In diesem Zusammenhang ist der Begriff der kulturellen Aneignung wenig sinnvoll, zumal es so gut wie keine reine ursprüngliche Kultur ohne äußere Einflüsse, durch Migration und anderweitigen Austausch gibt (dies betrifft insbesondere auch die Sprache). Dahinter verbirgt sich lediglich ein kurzsichtiges rückwärtsgewandtes Gesellschaftsverständnis, das in einer sich stetig verändernden Welt nicht haltbar ist. Allerdings rechtfertigt dies natürlich nicht den Diebstahl von Kulturgütern anderer Länder wie von Ägypten. Dieser geht über das Lernen von anderen Kulturen weit hinaus.

 

Clas Kolem

02.11.2022

zul. aktualisiert 

10.07.2024